Wels-Experte Peter Merkel ist sich sicher: Auf die Größe kommt es an. Zumindest beim Spinnfischen auf Wels. Er setzt gezielt auf große Wobbler, um die Giganten der Flüsse ans Band zu bekommen – mit kapitalem Erfolg…
Früh am Morgen steuere ich das Boot in eine etwa 300 Meter lange Außenkurve. Bis zu 17 Meter tief ist es hier, mehrere Strudel und Rückströmungen machen diesen Abschnitt zu einem echten Hotspot. Ich bezeichne diese Kurve gerne als das Wohnzimmer der ganz großen Welse. An der anderen Uferseite, also der Innenkurve, strömt das Wasser nur langsam. Der gesamte Bereich ist stark verkrautet und nur zwischen einem halben und einen Meter tief. Hier gehen die Welse, die sich in der tiefen Außenkurve aufhalten in den Morgenstunden auf Beutezug. Mein Wobbler fliegt in die flache Flusszone. Und es dauert nicht lange, da ist der Knüppel krumm. Nach kurzem aber heftigen Drill kann ich einen 1,91 Meter langen Wels landen. Ein hervorragender Auftakt.
Während des Drills wurde das Boot von der Strömung etwa 5 Kilometer flussab verdriftet. Also lege ich den Gashebel auf den Tisch und brauste zurück zur Außenkurve. Kurz nach der Ankunft sehe ich einen riesigen Wels an der Oberfläche rauben. Adrenalin schießt durch meinen Körper. Sollte da noch etwas gehen? Zweimal werfe ich die Stelle an, wo sich der Räuber gezeigt hatte. Dann erfolgt der Einschlag. Die schwere Spinnrute ist krumm bis ins Handteil, und Schnur wird von der Rolle gerissen. Es dauert etwa 25 Minuten, bis ich den Fisch das erste Mal in Sichtweite habe. Es ist ein ganz Dicker. Und das beim Spinnfischen. Als der Gigant zum zweiten Mal auftaucht, greife ich ihm ins Maul und ziehe ihn ins Boot. Sauber hängt der große Wobbler im Maul des riesigen Räubers. Das Maßband zeigt eine Länge von 2,35 Meter an.
Dieses Erlebnis hat mir gezeigt, dass beim Spinnfischen auf Welse folgende Anglerweisheit zutrifft: Mit großen Ködern fängt man große Fische. Ist eigentlich auch logisch, denn warum sollte ein Wels bei der Jagd nach mehreren kleinen Beutefischen, wenn er auch einen großen Happen haben kann?
Aus diesem Grund gehören Wobbler in Größen zwischen 20 und 25 Zentimeter in jeder Köderbox fürs Spinnfischen auf Wels. Noch größere Modelle lassen sich nicht mehr gut auswerfen. Man sollte allerdings nicht den Fehler begehen, große Hechtwobbler zu montieren. Sie sind den bei Drill eines großen Welses auftretenden Belastungen oft nicht gewachsen.
Wer trotzdem sein Glück mit diesen Ködern versuchen möchte, muss sie mit extra starken Sprengringen und Drillingen ausrüsten. Meereswobbler sind fürs Spinnfischen auf Wels deutlich besser geeignet, weil sie sehr stabil gebaut sind. Die Köderfarbe spielt eine untergeordnete Rolle, weil der Wels nur kleine Augen hat uns sich bei der Jagd hauptsächlich auf das Seitenlinienorgan verlässt. Meine favorisierten Modelle haben eine relativ kurze Tauchschaufel und laufen maximal einen Meter tief.
Bei der Wahl der Hauptschnur muss man abwägen: Die Leine darf nicht zu dünn sein, um den Fisch sicher landen zu können. Sie darf aber auch nicht zu dick sein. Sonst lässt sich der Köder nicht weit werfen. Zwischen Hauptschnur und Köder schalte ich ein abriebfestes Stück Hardmono mit einem Durchmesser von 1,2 Millimeter oder ein Stück ummanteltes Spezialvorfach.
Ein auf die Wasseroberfläche klatschender Wobbler erzeugt ein gut wahrnehmbares Geräusch, das die Welse neugierig macht. Der Köder wird langsam eingekurbelt. Dabei erzeugen sie eine große Druckwelle und sind leicht zu orten.
Am liebsten innen
Die besten Stellen zum Spinnfischen auf Welse im Fluss sind verkrautete Innenkurven, flache Sandbänke und breite Flussabschnitte mit relativ geringer Wassertiefe. Die besten Fangaussichten bestehen während der Sommermonate in der Morgen- und Abenddämmerung sowie in der Nacht. In der Dunkelheit muss man sich allerdings auf sein Gehör verlassen, um an der Oberfläche raubende Welse ausfindig machen zu können. Vollmondnächte sind wegen des Mondlichtes ideal fürs Spinnfischen. Auch bei zunehmenden Mondphasen konnte ich schon gute Fänge erzielen.
Wichtig ist, dass man sich möglichst geräuschlos den Fluss hinabtreiben lässt, um bei den Räubern kein Misstrauen zu erzeugen. Wenn Futterfische panisch aus dem Wasser springen, sollte man diese Stellen gezielt anwerfen. Die flachen Flussabschnitte sollten besonders gründlich abgefischt werden. Es lohnt sich, eine Erfolg versprechende Stelle mehrmals anzuwerfen. Nutzt man die Drift kann man auf diese Weise einen großen Bereich nach hungrigen Welse absuchen. Bei einem Fehlbiss sollte man an der Stelle unbedingt noch einen zweiten Wurf riskieren. Nicht selten hängt dann der Räuber. Die Bisse beim Welsangeln sind immer brachial. Seien sie nicht zu zimperlich beim Anhieb. Es braucht schon ordentlich Druck, um den Haken ins harte Welsmaul zu treiben.
So spannend das Spinnfischen auf Wels ist, es funktioniert nur in Gewässern mit gutem Welsbestand. Die besten Reviere sind der Po und die Rhône mit ihren Seitenarmen. Dort ziehen in der warmen Jahreszeit große Meeräschenschwärme nahe der Oberfläche entlang. Und daran tun sich die Giganten gütlich.
Machen Sie doch bei ihrem nächsten Wels-Trip ein paar Würfe mit der Spinnrute und großen Wobbler. Beim Biss ist der Adrenalin-Kick garantiert.